Wenn Du Deine Wunschkanzlei gefunden hast, stehen der Kaufpreis und die Finanzierung im Fokus. Aber wie wird ersterer eigentlich ermittelt? Gewöhnlich durch das Umsatzwertverfahren.
Das heißt, der bereinigte Durchschnittsumsatz wird mit einem Kanzleiwertfaktor multipliziert. Letzterer ist im Wesentlichen abhängig von der Qualität des Mandantenstamms, verhandelbar und bewegt sich auf einer Skala von 0,6 bis 1,4.
Hast Du Dich mit dem abgebenden Kollegen auf einen Kaufpreis geeinigt, kannst Du die Finanzierung mit Deiner Hausbank besprechen. Über die Hausbank kannst Du zudem Fördermittel beantragen, zum Beispiel bei der KfW.
Bedenken vor einem Bankengespräch sind verständlich, jedoch nicht berechtigt. Denn eine bereits etablierte Steuerkanzlei gilt als sicheres Geschäftsmodell und Du kannst belastbare Zahlen aus den Vorjahren vorlegen. Ein Kredit zu vernünftigen Konditionen ist für Kanzleinachfolger also sehr wahrscheinlich.
Diese Unterlagen solltest Du bei einem Bankengespräch nicht vergessen:
Nach der Finanzierungsfrage ist vor dem Vertrag. Allgemein gilt: Du solltest die mit dem Kanzleiinhaber gefassten Beschlüsse schriftlich festhalten. Schließlich ist ein solider Vertrag die Voraussetzung für einen erfolgreichen Start mit Deiner gekauften Kanzlei.
Da es sich beim Kaufvertrag um eine komplexe Angelegenheit handelt, lassen sich viele Nachfolger von einem Rechtsanwalt oder Notar beraten. Dieser kann Dich optimal über individuelle Anpassungsmöglichkeiten der Rechtsgrundlage und die Mindestbestandteile aufklären.
Folgende Elemente dürfen in einem Kaufvertrag nicht fehlen:
Zusätzlich empfiehlt sich eine im Vertrag enthaltene Abschmelzungsklausel. Diese schreibt fest, dass Kunden, die innerhalb eines bestimmten Zeitraums verloren gehen, nachträglich vom Kaufpreis abgezogen werden. So stellst Du sicher, dass der Senior alles dafür tut, Mandate gut an Dich zu übergeben.
Besonders schwierig ist die Übertragung von Mandanten. Eine automatische Übertragung ist in der Steuerberatung undenkbar. Schließlich überlassen die Kunden dem Berater hochsensible Daten.
Bei einer Nachfolge muss jeder Mandant einzeln zustimmen, dass Akten und Informationen an Dich weitergegeben werden dürfen. Werden Unterlagen vor dieser Zustimmung übergeben, verstößt der Steuerberater gegen das informelle Selbstbestimmungsrecht der Mandanten und seine Schweigepflicht.
Neben den Kunden übernimmst Du die Mitarbeiter. Auch hierfür ist eine ausdrückliche Einwilligung jedes Einzelnen nötig.
Aber was musst Du bei den Verträgen mit Dritten beachten? Diese musst Du nicht zwingend übernehmen. Bei einem mehrjährigen Mietvertrag bietet sich eine Weiterführung aber zum Beispiel an, weil eine vorzeitige Kündigung mit hohen Kosten verbunden wäre.
Üblicherweise hat Dein Vorgänger folgende Verträge abgeschlossen:
Viele scheidende Kanzleiinhaber stellen ihren Nachfolgern eine Liste mit allen Verträgen zusammen. So behalten sie den Überblick. Hast Du Dich entschieden, einen Vertrag fortzuführen, solltest Du die Übernahme schriftlich festhalten. Eine Zustimmung des Vertragspartners kann je nach Fall nötig sein.
Sonja Schumergruber
Redakteurin Steuerberaterseite.de
3-teilige Serie: „Kanzleikauf“
In unserer Artikelreihe zeigen wir Dir, wie der Kauf einer Steuerkanzlei idealtypisch abläuft. In drei Teilen erfährst Du, worauf es bei einer Kanzleiübernahme ankommt – von der Suche nach Deiner Wunschkanzlei bis zu den ersten Monaten als Nachfolger.