2002 übernahm Thomas Vellante die von seinem Vater gegründete Kanzlei. Mit seinen Mitarbeitern kümmert er sich um etwa 250 gewerbliche Mandate und 350 private Steuererklärungen. Essentieller Bestandteil seines Zeitmanagements: Das Prinzip der „stillen Zeit“.
Herr Vellante, beschreiben Sie doch mal Ihren Kanzlei-Alltag – wie oft klingelt beispielsweise Ihr Telefon?
Ohje, das ist schwer einzuschätzen! Generell fällt uns auf, dass vor allem Montag und Dienstag sehr viele Anrufe kommen – nach langen Wochenenden noch mehr, als normalerweise. An solchen Tagen klingelt das Telefon durchgehend, hauptsächlich bei meinen Mitarbeitern. Diese nehmen mir den größten Teil der Anrufe ab und bearbeiten sie selbstständig, vor allem in den Standard-Geschäften: Buchhaltung, Lohn, Abschluss und Steuererklärungen. Ich persönlich betreue eher die speziellen Fragen oder die sehr beratungsintensiven Fälle. Zudem habe ich viele Mandanten aus meinem Freundes- und Bekanntenkreis. Diese Anfragen beantworte ich meist selbst.
Wie häufig verlangen die Mandanten denn nach persönlicher Betreuung?
Das ist von Mandant zu Mandant unterschiedlich: Mandanten aus dem Bekanntenkreis trifft man oft in der Freizeit. Bei solchen Treffen wird dann häufig auch Geschäftliches besprochen. Die meisten Mandanten-Anfragen im täglichen Geschäft fangen aber meine Mitarbeiter ab, weshalb es sehr schwer einzuschätzen ist. Die Anfragen kommen natürlich gehäuft in der Zeit, in der die Buchhaltung bei uns zur Bearbeitung ist. Da diese ausschließlich von meinen Mitarbeitern bearbeitet wird, beantworten diese die alltäglichen Fragen.
Sie betreuen über 250 Mandate – wie oft ist da eine persönliche Betreuung überhaupt noch möglich?
Meist sehe ich den Mandanten nur einmal im Jahr zu einer Abschlussbesprechung zum Jahresabschluss. Aufgrund der Masse an Abschlüssen haben wir vereinbart, dass Mandate unter 100.000 Euro jährlichem Umsatz von meinen Mitarbeitern betreut werden und diese den Jahresabschluss fertigstellen. In den meisten Fällen sind dort keine Abschlussgespräche notwendig.
Wie schaffen Sie und Ihre Mitarbeiter es, sich Zeit für Ihre Arbeit zu verschaffen?
Das ist in der Tat ein Spagat, den wir täglich meistern müssen. In meiner Kanzlei habe ich sogenannte „stille Zeiten“ eingeführt: Zweimal pro Woche bin ich für rund drei Stunden weder für meine Mitarbeiter noch für meine Mandanten erreichbar. Diese „stillen Zeiten“ sind in meinem Terminkalender eingetragen und für alle Mitarbeiter ersichtlich. Mit Mandanten, die während dieser Zeit anrufen, vereinbaren meine Mitarbeiter Telefontermine, so kann ich diese schnellstmöglich zurückrufen und das zu einem Zeitpunkt, wo die Mandanten auch wirklich Zeit haben.
Und diese „stillen Zeiten“ gibt es auch für Ihre Mitarbeiter?
Natürlich haben auch meine Mitarbeiter die Möglichkeit „stille Zeiten“ abzuhalten, diese planen sie selbstständig und je nach Bedarf. Um das System für unsere Mandanten zu strukturieren, beschränken sich die Mitarbeiter auf einen festgelegten Wochentag. Die Mitarbeiter, die sich um die Jahresabschlüsse kümmern, haben jede Woche einen kompletten Tag „stille Zeit“: Mittwochs arbeiten sie Zuhause. An diesem Tag werden sie weder von Kollegen noch von Mandanten gestört, damit sie sich voll und ganz den Abschlüssen widmen können.
Wie reagieren Ihre Mandanten auf diese „stillen Zeiten“?
Wir haben diese Regelung offensiv kommuniziert, so dass all unsere Mandanten wissen, dass die jeweiligen Mitarbeiter an diesen Tagen nicht erreichbar sind. Und es hat ja auch für die Mandanten Vorteile: Wir haben die Durchlaufzeit für Jahresabschlüsse immens verkürzt!
Wir haben bisher nur gute Erfahrungen gemacht – unsere Mandanten akzeptieren die stillen Zeiten, vor allem weil sie sich sicher sein können, dass wir zurückrufen. Grundsätzlich gilt die Regel: Mandanten werden innerhalb der nächsten 24 Stunden zurückgerufen.
Thomas Vellante
Ist Inhaber einer Steuerkanzlei mit zehn Mitarbeitern im oberbayerischen Otterfing bei Holzkirchen. (www.kanzlei-vellante.de)