Letztlich gibt es eine ganze Reihe von Faktoren, die in der Fachliteratur als wertbestimmend für eine Steuerberatungskanzlei gehandelt werden. Dazu zählen selbstverständlich ihre Lage, aber auch das Alter und die Qualifikation der Mitarbeiter oder die EDV-Ausstattung. Der Markt fällt sein Urteil aber im Wesentlichen anhand von zwei Kriterien: Das erste ist in der Tat der regionale Aspekt - liegt die Kanzlei auf dem Land oder aber in der Stadt? Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass sich die Lage nicht unmittelbar auf den wertermittelnden Faktor auswirkt, wohl aber auf die Anzahl der potenziellen Interessenten und somit auf Vorlaufzeit und Verhandlungsposition.
Für den kaufpreisbestimmenden Faktor gibt die Bundessteuerberaterkammer im Übrigen einen breiten Rahmen vor: Er liegt bei 80 bis 140 Prozent des nachhaltigen Nettojahresumsatzes. Nach Erfahrungen der Jost AG wird derzeit die Mehrzahl der Kanzleien für 110 bis 120 Prozent verkauft – sofern die Rendite der Kanzlei zwischen 35 und 40 Prozent liegt. Die Rendite ist das zweite wichtige Kriterium, das in den vergangenen Jahren stark an Bedeutung zugenommen hat und auf das potenzielle Käufer das größte Augenmerk legen.
Anders als die Lage einer Kanzlei lässt sich die Rendite im Vorfeld einer geplanten Kanzleiveräußerung positiv verändern. Die Maßnahmenpalette, die dem Steuerberater dafür zur Verfügung steht, ist vielschichtig. Sie reicht von der Optimierung der Personalkosten über die Einführung effizienterer Prozesse über stärkere Marketingaktivitäten bis hin zu einer Bereinigung des Mandantenstamms - um nur die wichtigsten zu nennen.
So sind in vielen Kanzleien in den vergangenen Jahren die Personalkosten immens gestiegen. Das hängt einerseits damit zusammen, dass viele ältere Mitarbeiter im Laufe der Jahre durch diverse Gehaltserhöhungen inzwischen ein stattliches Salär beziehen. Andererseits beginnt sich in den Kanzleien langsam, aber deutlich spürbar ein erster Fachkräftemangel anzukündigen. Qualifizierte Buchhaltungskräfte verdienen in der Industrie ein Vielfaches, Steuerkanzleien müssen häufig tief in die Tasche greifen, wenn sie mithalten wollen. Während es bei der Mitarbeitergewinnung insbesondere den Ausweg der eigenen Ausbildung gibt, lässt sich die Zufriedenheit und damit die Loyalität der vorhandenen Mitarbeiter nicht nur durch finanzielle Anreize, sondern auch durch andere Benefits erhöhen. Daneben bietet es sich bei der Stammbelegschaft aber dennoch an, auf flexiblere Vergütungsmodelle zu setzen und gegebenenfalls generell die Mitarbeiterzahl anzupassen.
Denn nicht zuletzt moderne IT sorgt dafür, dass viele Routinearbeiten heute deutlich effizienter erledigt werden können, als noch vor fünf Jahren. Sich neuen Technologien zuzuwenden, ist auch für ältere Steuerberater unabdingbar, wenn sie den Wert ihrer Kanzlei steigern oder auch nur erhalten wollen. Hat die Technik schließlich freie Kapazitäten geschaffen, lässt sich der Mitarbeiterstamm entweder anpassen, oder aber durch die gezielte Akquisition neuer Mandate auslasten.
Dies gelingt nur, wenn die Kanzlei mit Prozessen auf der Höhe der Zeit arbeitet. Mit Blick auf den Kanzleiwert ist es überdies ohnehin unverzichtbar, jüngere Mandanten für sich zu gewinnen – da die alten zwangsläufig irgendwann ausscheiden und dann als Umsatzgröße einem potenziellen Käufer nicht mehr zur Verfügung stehen. Jüngere Mandanten überzeugen ältere Berater am ehesten durch moderne Technik und ein Kanzleiteam mit einer gemischten Altersstruktur.
Diese Maßnahmen tragen allesamt dazu bei, die Rendite der Kanzlei nachhaltig zu steigern und sorgen im Falle eines Verkaufs dafür, dass der Verkaufserlös tatsächlich den Lebensstandard im Alter sichert.
Alexander Jost
Ist seit 2007 Vorstand der Jost AG. Seit über zehn Jahren begleitet er Steuerberater und Wirtschaftsprüfer bei der Nachfolgeregelung. Außerdem hält er Vorträge zum Thema und ist Autor des Buches "Notfallplanung für Steuerberater". (www.jost-ag.com)