Beschwerdemanagement sollte immer Chefsache sein. Geht es zum Beispiel um Fehlverhalten, mangelnde Sorgfalt oder Unfreundlichkeit von Mitarbeitern, sollte das der Kanzlei-Inhaber unbedingt wissen. Und sobald etwas schiefgelaufen ist, ist eine persönliche Entschuldigung beim Mandanten angebracht. Das verhindert Vertrauensverlust und nimmt dem Ärger die Spitze.
Auch erhält der Mandant dadurch ein klares Signal, dass der Chef ihm persönlich seine Aufmerksamkeit schenkt und sich als professioneller Dienstleister eng um die Belange seiner Kunden kümmert. In vielen Fällen führt gute Beschwerdebearbeitung sogar dazu, den Klienten nicht nur zu besänftigen, sondern ihn verstärkt an die Kanzlei zu binden. Denn wirklich problematisch sind in den seltensten Fällen die gemachten Fehler an sich, sondern vielmehr der mangelhafte Umgang damit.
Allgemein gilt: Beheben Sie Missgeschicke immer offen, ehrlich und schnell. Betrifft die Beschwerde Ihre eigene Person als Berater, gehen Sie im Gespräch am besten direkt darauf ein. So können Sie etwaige Missverständnisse aufklären oder Ihre Position klar benennen. Liegt die Ursache für eine holprige Zusammenarbeit auf Seiten des Mandanten, sollten Sie auch das deutlich und auf Augenhöhe kommunizieren.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, dass Sie als Entscheider viel schneller Angebote zur Wiedergutmachung präsentieren können als einer Ihrer Mitarbeiter. Deshalb sollten Sie die Bearbeitung von Beschwerden nicht an Mitarbeiter oder Assistenten delegieren, sondern sich selbst darum kümmern. Das sorgt dafür, dass Sie berechtigte Beschwerden über Fehler oder Versäumnisse rasch erkennen und strukturell beheben können. Beschwerden liefern immer Informationen. Und diese Informationen sind wichtig, damit Sie Verbesserungen in internen Abläufen oder Kommunikationsprozessen anstoßen können.
Wichtig bei der Beschwerde-Annahme ist es, zunächst folgende Punkte herauszufinden:
Durch gezieltes (Nach-)Fragen erfahren Sie, woher der Ärger rührt. Klienten sagen Ihnen dabei meist deutlich, womit oder mit wem sie unzufrieden sind. Darauf können Sie gezielt eingehen und Ihre Sichtweise darstellen. In dieser Phase kristallisiert sich heraus, ob es in Richtung Wiedergutmachung gehen muss, weil kanzleiseitig Fehler passiert sind oder es eine Klärung der gemeinsamen Arbeitsbeziehung braucht.
Ist Letzteres der Fall, kann die Beschwerde auch dazu genutzt werden, um den Klienten auf nicht gelieferte Informationen oder auf sein Verhalten hinzuweisen, das vielleicht immer wieder Mehraufwand, erhöhte Rechnungskosten oder Verzögerungen nach sich zieht.
Erfahrungsgemäß sagen Ihnen verärgerte Mandanten ganz genau, was sie gerne anders hätten. Wie eine Lösung für sie aussieht oder wie ihre Vorstellungen bezüglich der Zusammenarbeit mit Ihnen und Ihrer Kanzlei sind. Das sollten Sie gezielt abfragen. Danach können Sie abwägen, ob Sie den Vorschlag akzeptieren und mittragen können oder nicht.
In dieser Verhandlungsphase steht das Finden von Optionen im Mittelpunkt, als Basis für eine Entscheidung und ein anschließendes Agreement. Hierbei ist die Einbindung des Klienten in die Lösungssuche von Vorteil, da er sich meist im Vorfeld umfassend Gedanken dazu gemacht hat. Auch geht es dabei um das gemeinsame Finden einer für beide Seiten befriedigenden Lösung.
Liegen Vorstellungen und Erwartungen beider Seiten transparent vor, ist diese letzte Phase meist relativ zügig zu bearbeiten. Hier beschließen Sie mit dem Klienten das weitere Vorgehen und treffen klare Vereinbarungen. Zunächst steht dabei Wichtiges im Vordergrund, wie die Einhaltung von Fristen und Terminen oder das weitere Vorgehen bei kontroversen Rechnungen.
Es kann sinnvoll sein, die getroffenen Vereinbarungen schriftlich zusammenzufassen und an den Klienten zu schicken. Damit schließen Sie weitere Missverständnisse aus und können den Mandanten beispielsweise auf seine Verantwortlichkeit in bestimmten Punkten verbindlich hinweisen.
Häufig bringen Beschwerden wertvolle Hinweise zur Identifizierung und zum Ausmerzen von Schwachstellen mit sich, regen zur internen Reflektion an und tragen so zum Ausbau des Qualitätsstandards in der Kanzlei bei. Insofern sind Beschwerden von Mandanten durchaus auch positiv zu bewerten.
Beschwerden sind ein sicheres Zeichen, dass der Klient (noch) an einer Zusammenarbeit interessiert ist. Spricht er seinen Ärger offen aus, ist das ein – wenn auch unangenehmer – Fakt, mit dem man arbeiten kann. Das macht den Klienten zum einen einschätzbar, zum anderen bringen seine Kritikpunkte eine Diskussion in Gang und tragen so idealerweise dazu bei, das Miteinander wieder auf eine konstruktive Ebene zu lenken.
Manchmal stellt sich eine Beschwerde aber auch als unlösbar heraus und zieht die Beendigung der Zusammenarbeit nach sich. Zunächst natürlich eine unerfreuliche Entwicklung, die in einzelnen Fällen aber auch von Vorteil sein kann – nämlich dann, wenn es keine Aussicht auf eine sinnvolle kooperative Arbeitsbeziehung gibt. So sparen Sie wertvolle Zeit und Nerven, die Sie für andere Mandanten einsetzen können.
Jede einzelne Beschwerde ist eine Chance, mögliche eigene Versäumnisse zu erkennen und dadurch wertvolle Hinweise zur Verbesserung kanzleiinterner Abläufe zu bekommen. Deshalb sollten Sie unzufriedenen Mandanten für ihre offen geäußerte Kritik dankbar sein. Viel schlimmer sind verärgerte Klienten, die nicht mit Ihnen, sondern über Sie reden – und ohne Angabe von Gründen die Kanzlei wechseln.
Elke Nürnberger
Ist Beraterin und Coach für Unternehmen aus verschiedensten Branchen. Ihre Schwerpunkte liegen dabei auf Kommunikationsabläufen und Teamentwicklung sowie Stress- und Konfliktmanagement. (www.nuernberger-coaching.de)
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