Fachkräftemangel – viele Steuerberater kennen diesen Begriff oder vielmehr dessen Auswirkungen inzwischen allzu gut aus eigener Erfahrung. Ihre Stellenausschreibungen finden oft nur geringe bis gar keine Resonanz – und wenn doch, bewerben sich die "falschen" Kandidaten. Wollen sie ihre Kanzlei vergrößern oder müssen einen Mitarbeiter ersetzen, kann so leicht Panik entstehen. Denn die entscheidenden Fragen lauten dann: Wie finde ich geeignete Mitarbeiter? Was sind heutzutage die erfolgversprechendsten Wege dafür? Und schließlich auch: Wie binde ich die gute Fachkraft langfristig an die Kanzlei?
Hat sich eine Kanzlei mittels Employer Branding schon eine Arbeitgebermarke aufgebaut, hat sie im Rennen um die besten Köpfe eine gute Position inne. Erkennt ein Steuerberater Personalbedarf, sollte er dennoch nicht sofort mit Maßnahmen zur Rekrutierung beginnen. Um die Suche nach qualifizierten Fachkräften möglichst schnell und erfolgreich zu gestalten, bedarf es einiger Vorüberlegungen: Zum gesuchten Mitarbeiter, zu den Anforderungen an ihn, zur freien Stelle. Hinzu kommen die Merkmale, die die Kanzlei als Arbeitgeber auszeichnen. Was selbstverständlich klingt, wird in der Praxis oft vernachlässigt. Dabei geben diese Aspekte sowohl der Steuerkanzlei als auch den Bewerbern Orientierung und helfen so, Enttäuschungen zu vermeiden.
Der Mitarbeiter von heute scheint anspruchsvoll. Und besonders die guten können es sich leisten. Immerhin sind sie gesucht und schwer zu finden. Für den Arbeitgeber folgt daraus: Will er im Wettbewerb um qualifizierte Fachkräfte mithalten, braucht er ein interessantes Angebot. Doch was genau ist das? Kostenlose Getränke und der Obstkorb, Sportangebote und Massagen, Fortbildung, Team-Events – all das sind nette Zusatzleistungen. Zum Teil werden sie jedoch schon vorausgesetzt oder treffen nicht den Geschmack aller Mitarbeiter. Außerdem besteht bei solchen Angeboten eine Gefahr: Sie erhöhen kurze Zeit die Motivation und Zufriedenheit, werden dann aber zur Gewohnheit und nicht mehr als Mehrwert wahrgenommen.
Ein Thema, das aber viele Arbeitnehmer – und nicht nur die Generationen Y und Z – bewegt, ist der Wunsch nach mehr Flexibilität in Bezug auf Arbeitszeit und -ort. Zukunftsfähig präsentieren sich Arbeitgeber also, wenn sie solchen Anforderungen nachkommen. Eine moderne Büroausstattung und die Nutzung aktueller IT-Lösungen, wie beispielsweise Cloud Computing und VPN-Lösungen, machen es möglich. Dabei profitieren beide Seiten gleichermaßen: Während Mitarbeiter ihre Aufgaben besser auf ihre persönlichen Ansprüche abstimmen können, dürfen Steuerkanzleien von zufriedenen Arbeitnehmern mehr Einsatz und eine höhere Loyalität erwarten.
Wichtig für Steuerkanzleien ist jedoch: Wollen sie ihre Arbeitgebermarke aufbauen, können Zusatzleistungen und -angebote nur ein Teil des Ganzen sein. Parallel dazu gilt es, den eigenen Markenkern zu entwickeln. Denn jede Kanzlei hat andere Besonderheiten – und genau darüber zieht sie die zu ihr passenden Mitarbeiter an und bindet sie langfristig. Die Basis des Markenkerns liegt dabei meist in ihrer "Persönlichkeit". Visionen und Leitbild des Steuerberaters bilden hierbei den Ausgangspunkt. Dazu kommen Arbeitsweise, Ausrichtung und Image der Kanzlei.
Früher war der Weg klar. Wurde ein neuer Mitarbeiter gesucht, gab der Steuerberater meist eine Stellenanzeige in der regionalen Zeitung auf. Heute verwirrt eher die Vielzahl an Möglichkeiten bei der Rekrutierung. Es ergeben sich jedoch auch größere Chancen durch eine höhere Reichweite der Stellenausschreibung. Vor allem Social Media bieten hier eine ideale Plattform. Dazu zählen die aktive und passive Suche auf XING genauso wie auch Posts oder bezahlte Anzeigen auf Facebook und Twitter. Mit Blick auf den Aufbau einer Arbeitgebermarke kommen außerdem die Bildkanäle YouTube und Instagram hinzu. Interessant bei der Mitarbeitersuche über Social Media ist der Multiplikatoreffekt durch Kontakte und Fans, die eine Stellenausschreibung weiterverbreiten.
Empfehlungen sind zudem nicht nur in den Sozialen Medien eine wertvolle Hilfe bei der Suche nach guten Fachkräften. Auch im persönlichen Umfeld und unter den bestehenden Mitarbeitern sollten Steuerberater aktiv darum bitten. Der Vorteil dabei: Der Empfehler kennt sowohl die Kanzlei als auch den potenziellen Kandidaten. So steigt nochmals die Wahrscheinlichkeit, dass der Bewerber gut in das bestehende Team passt. Denn auch, wenn eine gut eingeführte und präsentierte Arbeitgebermarke ebenfalls für eine Selektion sorgt – so überzeugend wie eine persönliche Einschätzung wirkt sie nicht.
Unbedingt beachten sollte die Steuerkanzlei, dass sie die Kanäle für ihre Mitarbeitersuche danach auswählt, wo sie auch wirklich auf geeignete Bewerber trifft. Schließlich geht es darum, die richtigen einzustellen, damit sowohl Steuerberater als auch neuer Mitarbeiter zufrieden sind und lange miteinander arbeiten.
Entscheidende Erfolgsfaktoren, um gute Fachkräfte langfristig an die Kanzlei zu binden, sind neben angemessenem Gehalt und Zusatzleistungen vor allem eine gute Kommunikation und ein positives Arbeitsklima. Gerade über die menschliche Komponente lässt sich ein Gefühl von Verbundenheit bei den Mitarbeitern aufbauen. In die Arbeitgebermarke sollte dies ebenso mit einfließen und die Kanzlei dadurch in eine gute Position beim Rennen um die besten Köpfe bringen.
Martina Schäfer
Ist Geschäftsführerin von FINIS Kommunikation und Spezialistin für Employer Branding. Sie verfügt über umfassendes Wissen im Marketing für Steuerberater. Außerdem ist die Diplom-Kauffrau Autorin mehrerer Bücher. (www.finis-kommunikation.de/martina-schaefer/)